Am 8. Januar 1992 fand anlässlich eines Besuches des damaligen japanischen Premierministers Miyazawa Kiichi die erste „Mittwochsdemonstration“ vor der japanischen Botschaft in Seoul statt. Seitdem demonstrieren Überlebende und Aktivist*innen jede Woche und fordern unter anderem eine offizielle Entschuldigung und Entschädigung. Bei der 1000. „Mittwochsdemonstration“ am 14. Dezember 2011 wurde die erste Friedensstatue, entworfen von dem Ehepaar Kim Seo-Kyung und Kim Eun-Sung, vor der japanischen Botschaft in Seoul errichtet. An diesem Tag kamen dort mehr als 5.000 Menschen zusammen. Da die Straße vor der Botschaft zu eng war, mussten zahlreiche Demonstrierende wieder nach Hause gehen. Bis heute versammeln sich jeden Mittwoch etliche Menschen vor der japanischen Botschaft, um zu demonstrieren.
Seither wurden weitere Friedensstatuen nicht nur in betroffenen asiatischen Ländern, sondern auch in Australien, den USA, Kanada, Italien sowie in Deutschland errichtet.
Bedeutung und Symbolik
Das Mädchen in der Hanbok-Tracht
Nachdem 1991 das Schweigen gebrochen und Japan des Verbrechens der sexuellen Sklaverei beschuldigt worden war, glaubten viele Menschen, dass nur wenige Frauen von dieser brutalen Unterdrückung betroffen waren. Sie waren sich der Kriegsverbrechen Japans gegen die vielen jungen Mädchen und Frauen in Korea und anderen Ländern nicht bewusst. Die Statue verkörpert das Bild eines Mädchens in traditioneller Hanbok-Tracht. Sie erinnert an die Vielzahl junger Frauen und Mädchen, die während des Asien-Pazifik-Krieges vom japanischen Militär in die militäreigenen Bordelle – die sogenannten „Troststationen“ – verschleppt wurden. Die Tracht steht nicht nur für die koreanischen Opfer, sondern allgemein für die historische Zeit und Verwundbarkeit aller Betroffenen im Asien-Pazifik-Raum.
Das gealterte Mädchen als Schatten
Die Figur zeigt ein junges Mädchen, doch ihr Schatten nimmt die Gestalt einer gealterten Frau an. Der Schatten repräsentiert auch die Zeit, die ohne eine Entschuldigung Japans verging und das Mädchen zu einer alten Frau werden ließ, die noch immer ohne Anerkennung der ihr zugefügten Verbrechen weiterleben muss. Eine der ehemaligen „Trostfrauen“, Gil Won-Ok, sagte: „Ob ich Japan verzeihen könnte, wenn es alles tut, was wir verlangen? Gebt mir mein Leben zurück!“. Weder kann die Zeit, die die Frauen mit Trauer in ihren Herzen verbrachten, zurückgedreht, noch die ihnen angetane Gewalt wiedergutgemacht werden.
Der weiße Schmetterling
Ein weißer Schmetterling sitzt inmitten des Schattens. Viele der betroffenen Frauen sind verstorben, ohne zu Lebenszeiten eine Entschuldigung von den Tätern erhalten zu haben. Schmetterlinge symbolisieren in Asien die Wiedergeburt. Ein weißer Schmetterling wurde von den Künstler*innen mit der Hoffnung auf den Schatten gesetzt, dass die Frauen als Schmetterlinge auf die Erde zurückkehren und die in ihrem Leben so ersehnte Entschuldigung entgegennehmen können.
Der leere Stuhl
Der leere Stuhl symbolisiert Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Er ist Ausdruck des Wunschs, dass die verstorbenen „Trostfrauen“ noch hier sitzen könnten. Er erinnert an die Einsamkeit, die die Frauen erleben mussten, und steht auch für die unbekannten Opfer. Menschen, die gegenwärtig die Statue aufsuchen, sind eingeladen, sich neben das Mädchen zu setzen und ihre damaligen Gefühle nachzuempfinden, wodurch sie den heutigen Aufruf der mittlerweile gealterten Frauen verstehen. Der Stuhl symbolisiert ein Versprechen an die Zukunft. Betrachtende können sich den Forderungen der „Trostfrauen“ für eine Welt ohne Krieg und sexualisierte Gewalt anschließen.
Die geballten Fäuste und die angehobenen Fersen
Das Mädchen ist barfuß. Ihre angehobenen Fersen berühren den Boden nicht. Nach dem Krieg konnten zahllose „Trostfrauen“ nicht heimkehren und diejenigen, die zurückkamen, litten ihr Leben lang unter Schuldgefühlen. Nach dem Brechen des Schweigens schob die koreanische Regierung außenpolitische Gründe vor, um weiter über die Vergangenheit der „Trostfrauen“ zu schweigen. Die Regierung schenkte der Trauer der Überlebenden und der koreanischen Zivilgesellschaft keine Aufmerksamkeit. Ihr Unbehagen drückt sich in der „angehobenen“ Fersen aus. Die geballten Fäuste weisen auf ein Leben voller Scham und Isolation hin. Gleichzeitig symbolisieren sie den festen Entschluss, nicht mehr über die Kriegsverbrechen des japanischen Militärs zu schweigen und sich trotz Demütigungen als Mensch nicht aufzugeben.
Die Haare
Mädchen in Korea pflegten ihre Haare sorgfältig und ließen sie nicht unbedacht kurz schneiden. Betrachtet man die Statue näher, bemerkt man, dass ihre Haare grob und strähnig abgeschnitten dargestellt wurden. Die abgeschnittenen Haare symbolisieren, dass die Frauen und Mädchen gewaltsam von ihrem eigentlichen Leben, ihrer Familie und ihrem Heimatort getrennt wurden.
Der Vogel
Der Vogel symbolisiert Frieden und Freiheit. Er kann sowohl am Himmel fliegen, als auch auf dem Erdboden leben. Dadurch wird ihm eine Vermittlerfunktion zwischen den Toten und den Lebenden zugeschrieben. Der Vogel auf der Schulter des Mädchens zeigt: Die Verstorbenen bleiben mit uns verbunden.
Dieser Text basiert auf der Broschüre „Meine kleine Friedensstatue weltweit“, deren Druck von Umverteilen! Stiftung für eine, solidarische Welt und der Korea Stiftung gefördert wurde.